Die Schuhe sind zu klein, der Pullover gefällt nicht: Viele Bestellungen im Internet werden wieder zurückgeschickt. Fast 4 von 10 Handelsunternehmen in Deutschland (38 Prozent) beklagen in diesem Zusammenhang steigenden Kosten, die Rückgaben und Retouren bei ihnen verursachen. Zugleich sehen die Händler in digitalen Technologien jedoch ein großes Potenzial, um die Anzahl von Retouren zu reduzieren.
42 Prozent halten es für einen der wichtigsten Vorteile der Digitalisierung, dass es durch eine detailliertere Produktbeschreibung zu weniger Rücksendungen kommen kann. Fast jedes zweite Unternehmen (45 Prozent) gibt an, mithilfe digitaler Technologien könne der Handel die Anzahl der Rückläufer senken. Das hat eine repräsentative Befragung des Digitalverbands Bitkom von 504 stationär und online tätigen Groß- und Einzelhändlern in Deutschland ergeben.
„Je detaillierter und genauer die Beschreibung eines Artikels ist, desto informierter kann der Kunde seine Kaufentscheidung fällen. Dazu zählen nicht nur Bilder, Text und Videos, sondern auch Technologien wie Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR), Big Data und Künstliche Intelligenz (KI)“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „So lassen sich etwa mit Hilfe von VR-Brillen Kleidungsstücke virtuell anprobieren und dank AR direkt auf den eigenen Körper projizieren.“ Auch Big Data und KI könnten helfen: „Wenn Händler die Ursachen für Retouren von Produkten dokumentieren, kann eine KI Vorhersagen über die Wahrscheinlichkeit einer Rücksendung bei weiteren Bestellungen treffen. Zum anderen können diese Erkenntnisse wertvolle Hinweise für andere Kunden sein. Etwa wenn sie vor dem Kauf darauf hingewiesen werden, dass das T-Shirt im Warenkorb erfahrungsgemäß zu klein ausfällt und deshalb eine Nummer größer bestellt werden sollte.“ Rohleder betont: „Online-Shopping wird so für die Kunden attraktiver. Und für die Händler ökologischer und wirtschaftlicher. Denn oft ist die Aufbereitung zum Wiederverkauf von zurückgeschickter Ware mit viel Aufwand verbunden: Retouren bedeuten für die Anbieter nicht nur einen entgangenen Umsatz, sie verursachen auch Personal- und Prozesskosten.“
Neue Geschäftsmöglichkeiten, die auch die Umwelt schonen, sieht fast jeder jeder zweite Händler (46 Prozent) zudem in Sharing-Plattformen, auf denen Produkte nicht in erster Linie verkauft, sondern verliehen oder vermietet werden. „Die Share Economy kann bestehende Geschäftsmodelle erweitern und neue Märkte schaffen. Und: Produkte zu teilen, kann Ressourcen schonen. Für viele Handelsunternehmen kann dies eine interessante Erweiterung des bestehenden Geschäftsmodells sein“, sagt Rohleder.
Mag sein, dass dies Verbesserungen bringt. Gleichzeitig jedoch geht es bei den Retouren nicht mehr um “Produkt bestellt, irgendwas stimmt nicht/gefällt nicht, sende zurück”.
Es geht oft um das neue, vollkommen egoistische und wenig nachhaltige Einkaufsverhalten vieler Kunden, die online einkaufen wie in der Ramschabteilung eines H&Ms. Jacke gewünscht? Dann sieben Stück bestellen, anprobieren, sechs zurück. Völlig egal, was das für die Logistik oder auch für den Händler bedeutet (Arbeitsaufwand bzw. auch die Weiterverwendung der Ware).
Neulich zufällig im Bus eine Unterhaltung verfolgt, bei der eine Frau stolz erzählte, wie sie erst 5, dann weitere 4 Jacken bestellt hat, weil sie eine neue Lederjacke suchte. Dann alle bis auf eine zurückgeschickt. Durch die zeitversetzten Bestellungen usw kam es dann zum Chaos bei den Retouren. Darüber echauffierte sie sich. Gleichzeitig ist es im Chaos so gekommen, dass ihr die behaltene Jacke letztendlich nicht in Rechnung gestellt wurde. Zitat “Naja, wenn die nix sagen, sag ich auch nix. So hab ich ne tolle Jacke, und zwar ganz umsonst”.
Mit so einem widerlichen und verschwenderischen Einkaufsverhalten ist es kein Wunder, dass die Versanddienstleister überfordert ist und die Retourenzahlen so hoch sind. Produkt defekt oder gefällt nicht? Klar, Retoure. Aber 9 Jacken bestellen, damit man zu Hause bequem anprobieren kann, um dann das Rückgaberecht derart auszunutzen? Widerlich.