Arthur Knopp ist seit 12 Jahren Präseident des Gesamtverbands Deutscher Musikfachgeschäfte e.V. (GDM). Mit Musical Merchant sprach Knopp über Norfried Baums Kernaussagen.
Vorab Herr Knopp, … wie beurteilen Sie den „Brandbrief“ von Norfried Baum?
Arthur Knopp: „Der „Brandbrief“ von Norfried Baum – einem unserer aktiveren Musikfachhändler – schildert die aktuelle Situationvieler Kolleginnen und Kollegen im Musikfachhandel:Trotz guter und fachkundiger Beratung, trotz gutem Service und vielen Aktivitäten, stagniert der Umsatz und verringert sich die Marge, aber die Kosten steigen stetig. Der Ertrag ist für viele Kollegen nicht mehr kostendeckend. Die Kundenfrequenz im Fachhandel ist nicht mehrausreichend.“
Der Preis wird als Waffe gebraucht. Die Preise sind im freien Fall.
Arthur Knopp: Es war schon immer so, dass irgendein Kollege eine Ware immer noch billiger verkauft, weil er sich keine Gedankenum die Kalkulation macht – aus Verzweiflung,oder um die Ware los zu werden. Natürlich spielt auch der Onlinehandel eine große Rolle, der in vielen Fällen den Preis vorgibt. Ob es dem einzelnen Fachhändler gelingt, seine zusätzlichen Serviceleistungen und seine fachliche Beratung in einem bestimmten Umfang auf den Onlinepreis aufzurechnen, ist von seinem Verhandlungsgeschick und seiner Überzeugungsfähigkeit abhängig. Natürlich gibt es immer wieder „resistente“ Kunden, die sich beraten lassen und dann den günstigsten Preis im Netz suchen.
Der GDM muss, soweit die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, mit Abmahnungen und Klagen gegen die Machenschaftender Firmen vorgehen, die durch Preispenetrationdie anderen Händler schädigen. Auch sollte hier mitden Industrie und Handelskammern ein Schulterschluss gesucht werden, da es ja nicht nur unsere Branche betrifft.“
Arthur Knopp: Weder ein Verband noch die IHK haben die Möglichkeit, in irgendeiner Weise auf die Preisgestaltung von einzelnen Händlern einzuwirken. Wir können keine Abmahnungenerteilen und auch keine Klagen dagegen erheben. Der Geschäftsführer der Musikverbände, Rechtsanwalt Dr. Heinz Stroh, sagt dazu: „Gegen Verkäufe unter Einstandspreis juristisch vorzugehen, ist sehr schwierig. Gemäß § 20 Abs. 4 des sogenannten Kartellgesetzes sind derartige Verkäufe unter dem Gesichtspunkt einer „unbilligen Behinderung“ kartellrechtlich verboten. Untersagt ist es, dass Waren und Dienstleistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis angeboten werden, es sei denn, dies ist sachlich gerechtfertigt.“
Bei Anwendung dieser Vorschrift gibt es verschiedene Probleme. Eine Kernfrage ist, wann ein Verkauf unter Einstandspreis vorliegt. Dabei gilt nicht nur der dem Händler konkret in Rechnung gestellte Preis für eine Ware unter Abzug von Skonti und Rabatten. Auch Konditionen wie Jahresboni, Werbekostenzuschüsse, Verkaufsförderungsentgelte und Umsatzvergütungen usw. sind zu berücksichtigen. Ein weiteres Problem stellt die Frage dar, was „nicht nur gelegentlich“ bedeutet. Wann ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt, muss ebenfalls ermittelt werden. Allerdings ist hier das verkaufende Unternehmen beweispflichtig. Das Hauptproblem besteht darin, dass der Verkauf unter Einkaufspreis nur kartellrechtlich untersagt ist. Die Vorschrift richtet sich deshalb nur gegen sog. „marktmächtige“ Unternehmen.
Händler im Musikfachhandel,die derartige Verkaufspraktiken betreiben, sind oft nicht Adressat dieser Rechtsvorschrift. Diese nur kurz angedeuteten Probleme machen es schwierig, erfolgversprechend gegen derartige Verkaufspraktiken vorzugehen. Leider ist es zudem so, dass für eine Verschärfung dieser Vorschriftpolitisch derzeit keine Mehrheiten bestehen.
Daher sind MAP-Preise längst überfällig …
Arthur Knopp: Die Abkürzung MAP steht für Minimum Advertised Price, da s heißt, der Mindestpreis, den der Hersteller seinen Händlern vorgibt. Dass dieser Mindestpreis oder MAP eingehalten wird ist sehr wichtig, um eine Abwertung derMarke zu vermeiden. Wenn ein Händler beim Verkauf den niedrigsten Preis für ein Premium-Produkt ansetzt, wird der Verbraucher auf lange Sicht diesen Artikel nicht mehr als ein High-End Produkt ansehen – mit negativer Auswirkung auf den Umsatz für dieses Kundenprofil.
Ein ebenso wichtiger Grund ist, die bekannten „Preiskriege“zu vermeiden. Denn wenn es keinen Mindestpreis gibt, könnten die Händler in eine Preis-Abwärtsspirale geraten, die nur den Verlust von Margen zur Folge haben würde. MAP-Preise verhindern einen Verlust der Glaubwürdigkeit der Marke, und helfen auch, das Vertrauen vom Händler zum Hersteller zu verbessern, wenn er wahrnimmt, dass die Marke sich um die Pflege ihres Vertriebskanals und damit die Gewinnmargen kümmert.
MAP Preise – wie z.B. in USA – sind für den Handel zwar wünschenswert – leider aber auch Wunschdenken. Denn: sie sind nicht erlaubt. Das Bundeskartellamt ist eindeutig, die Preisgestaltung ist in Deutschland frei.“